IKONENMALEN: Gedankensplitter – Ein Reisebericht.
Lange vorher: Die Entscheidung diese Reise anzutreten.
Das Leben hält immer wieder Überraschungen für uns bereit. Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Ich dachte dass diese Woche, welche wir uns inmitten der Vorbereitungen der Hochzeit unseres Sohnes, bei uns zuhause in Clerf, für das Ikonenmalen freigehalten hatten, uns etwas Ruhe und Erholung bringen würde. Ich stellte mir diese Woche ein bisschen so vor wie wir es schon mal in Finnland erlebt hatten, eine ruhige Zeit, ganz allein in einem kleinen Häuschen mit Sauna an einem See. Das Entdecken einer neuen Welt und dabei viel Zeit zum Nachsinnen und Meditieren über Gott und die Welt. In Wirklichkeit glich diese Woche viel eher einer abenteurlichen Bergwanderung mir Gipfelbesteigung als Abschluss.
Das Kreuz, am Anfang und am Ende.
Wir begannen den Kurs in der Kapelle, mit einem Kreuzzeichen. Jeden Morgen hatte Wolfgang einen andern Kommentar dazu bereit. Wir hörten auf mit der segnung der Ikonen, segnungmit dem Zeichen des Kreuzes. Ich habe mich dabei an die vielen Kreuze auf Berggipfeln erinnert.
Die morgendliche Meditationen: Wie schon gesagt, sie begannen jeweils mit dem Zeichen des Kreuzes. So wie die Ikone ein Zusammenspiel von Göttlichem und Menschlichem darstellt, so gelang es Wolfgang jeweils diese 20 Minuten zu einem erlebnisreichen Zusammenspiel von Menschlichem und Göttlichen zu gestalten. Wir begannen jeweils sehr irdisch. Mit dem Betrachten eines Stück Holzes, der Aufmerksamkeit auf das Sehen, dem bewussten Hören auf die feinen oder störenden Laute um uns herum, mit dem Anschauen und Berühren der Hände unseres Nachbarn. Daraufhin betrachteten wir eine Ikone welche etwas Besonderes zum Thema der Tages meditation zu sagen hatte. Die Themen waren übrigens, der Reihe nach : Das Holz oder der Baum, das Auge oder das Sehen, das OHR oder das Hören, die Hand oder das Halten und Gestalten, das Gesicht oder der Blick. Zum Abschluss der Meditation kam das bewusste Hinwenden zu Gott im gemeinsamen Singen des Vater Unser und einem anschliessenden Segensgebet. Ich musste dabei jeweils an eine Schatzkiste denken. Die Einfälle und Ideen zur Gestaltung dieser kurzen Zeit waren so vielfältig und inspirierend, dass ich sehr dankbar war für diese Momente wo Wolfgang uns alle von seinen gesammelten Schätzen an Erfahrungen und Übungen profitieren liess.
Die Reisevorbereitungen : Materialien besorgen,
Die Wahl der Reiseziele : Deutschland : Berlin, Hamburg, München,Stuttgart. Hier Ikonenmalen , 4 Beispiele zur Auswahl.
Die Reisegruppe: 5 sympathische Leute die mit mir auf dem Weg waren, meist jeder für sich, doch beim Essen und den Wanderpausen verbrachten wir auch frohe und lockere Zeiten gemeinsam.
Was von den Teilnehmern erwartet wird:
Dass sie erstmal sehr gut dem Bergführer zuhören, den Sinn seiner Anweisungen zu verstehen suchen, auf seine Hinweise achten oder aber das Risko einzugehen eigene Wege einzuschlagen ( mit dem Risiko sich dabei zu verlaufen)
Was von dem Reiseleiter erwartet wird: Man kann sich auf ihn verlassen, er zeigt uns den Weg, er lässt dir auch manchmal gewisse Freiheiten und wenn du dich dann verlaufen hast weiss er wie er dich wieder auf den guten Weg zurück führen kann. Der RL muss immer wieder ermuntern, die TN
Ein ICH BIN DA zu sein.
Die Reiseerlebnisse: Wie bei einer Wanderung in den Bergen hat man tagsüber viele schöne Erlebnisse und Abends ist man froh angekommen zu sein und fühlt sich manchmal sehr müde. Viele neue Erfahrungen und neue Kenntnisse auch .. nie langweilig.. die Landschaften die man durchquerte wechselten schnell, man lernte neue Techniken wie man diese oder jene Strecke bewältigen konnte, es gab auch einige steile Passagen wo man Angst hatte abzurutschen, wo man sich nicht traute und der Reiseleiter uns ermuntern musste. Doch du kannst das, versuchs doch einfach einmal…
Begegnungen mit dem UNBEGREIFLICHEN, dem UNFASSBAREN …
Gott und Mensch miteinander in Verbindung bringen, nicht vermischen aber harmonisch verbinden. Das was ich seit meiner bewussten Entscheidung vor mehr als 40 Jahren, meinen Weg mit Gott zu gehen, jeden Tag neu versuche.
Materialien der Schöpfung sanft umformen
Das Kleine, Unscheinbare, das meist übersehen wird aber eigentlich dem Ganzen den letzten Glanz gibt ( vgl. Spinnennetz .. )
Gemeinsam unterwegs:
Bei einer Bergwanderung geht die Gruppe selten geschlossen zusammen. Meist sind die gleichen an der Spitze, den andern immer wieder ein Stück voraus. So ergings auch uns beim Ikonenmalen. Man merkte schnell wer dazu etwas mehr Talent mitbrachte und geschickter war. Allerdings kam es nicht darauf an schneller fertig zu werden als die andern. Im Gegenteil, die Geschickteren brauchten oft mehr Zeit zum Verfeinern als diejenigen wie ich, die sich schneller mit ihrem Erreichten zufriedenstellten, auch wenn noch viel Möglichkeit zum Nachbessern gewesen wäre. Aber auch das gegenseitige Unterstützen, das bei einer Bergwanderung sehr wertvoll ist, erfuhren auch wir in unsern Malkurs. „ Wie schön dir das gelungen ist … Du kannst gerne etwas von meiner Farbe nehmen…Ich habe das so gemacht, dann wars leichter… Wie gesagt, jeder war bei seinem Bild auf sich gestellt, so wie bei einer Bergtour auch niemand für den andern hochgehen kann. Doch auch die gemeinsamen Momente fehlten nicht: bei der morgendlichen Meditation, in den Kaffeepausen und vor allem beim gemeinsamen Mittagessen.
Romain Kremer, Luxemburg
Ikonen Malkurs – 5. Tag
Am Morgen des 3. Tages kam mir, unter der Morgendusche, spontan die Idee, unsere Ikonenmalerei mit einer Bergwanderung zu vergleichen. Von da an ging mir dieser Gedanke nicht mehr aus dem Kopf, und ich konnte nicht anders, als immer wieder Ähnlichkeiten bei diesen zwei Arten von Abenteuern zu entdecken. Denn ein Abenteuer ist eine solche Ikonenmalerei schon. „Werde ich das überhaupt schaffen, werde ich ankommen?“ hat sich mehr als eine(r) gefragt. Die Frage ist auch berechtigt, wäre nicht da der Bergführer gewesen, Wolfgang, der bei jeder Verirrung eine Lösung hatte und jeden von uns immer wieder auf den guten Weg zurückgeführt hat, und mehr als einmal dabei auch selbst Hand angelegt hat.
Heute sind wir also zur letzten entscheidenden Etappe vor dem Gipfel gestartet. Wie bisher haben wir die Morgenmeditation mit dem Zeichen des Kreuzes begonnen. Diesmal kommentierte Wolfang dazu: „Der Querbalken erinnert uns an die Erde und alles was sie uns zum Leben zur Verfügung stellt. Der Längsbalken lässt uns an den Himmel denken, er erinnert uns daran, den Kopf hoch zu halten und mit Mut und Zuversicht unser Tagewerk anzugehen“.
Ja, Mut und Zuversicht konnten wir für diese letzte Etape gut gebrauchen. An diesem vorletzten Tag ging es darum, die wichtigsten Teile, das Gesicht und die Hände aufzuhellen und fertigzustellen. Da war schon äusserste Konzentration erfordert und mir fiel auf, dass es noch nie so ruhig war, wie an diesem Vormittag. In diese Stille hinein fielen manchmal Sätze wie: „Da muss man sich auch ein bisschen was trauen, ne“ oder etwas später: „Ich trau mich nicht!“ – „ Doch, du schaffst das!“
Da kam mir der Vergleich mit der Bergwanderung wieder in den Sinn. Vieles glich dem Aufstieg einer steilen Wand kurz vor dem Gipfel, gut angeseilt und mit Kletterzeug natürlich. So wie der Bergsteiger bei diesem schwierigen Aufstieg alle Fertigkeiten und Kenntnisse, welche er auf den leichteren Strecken vorher erlernt hatte, jetzt anwenden muss, so erging es auch uns. Wir mussten es wagen, Striche zu ziehen, welche die Ausstrahlung des ganzen Bildes entscheidend verändern oder sogar verderben konnten.
Doch auch für uns gab es glücklicherweise die Absicherung. Wie oft man in der Stille ein leises Flüstern gehört hat : „Wolfgang, kannst du bitte mal zu mir kommen“, kann ich jetzt nicht mehr sagen.
Aber auch heute sind alle glücklich angekommen, und ich jedenfalls bin von der intensiven Konzentriertheit fast so müde wie von einer Bergwanderung.
Romain Kremer (†), Luxemburg